08 Nov Der vierfache Schriftsinn
Unnützes Wissen Teil III
Heute wird das Wissen, das die Welt nicht braucht, theologisch, besser gesagt biblisch!
Der vierfache Schriftsinn (lat. quattuor sensus scripturae) bezeichnet die Art der christlichen Bibelinterpertation bis ins späte Mittelalter. Diese nimmt an, dass man einen Bibeltext auf vierfache Art und Weise lesen kann. Da ist zuerst die wörtliche, also das, was auf dem Blatt steht. Dann gibt es aber auch noch den allegorischen Sinn, also was der Text als Allegorie (gr. ἀλληγορία, Metapher, die auf einen größeren Textzusammenhang ausgedehnt ist; besser jedoch merkt man sich: Allegorie = bildliche Verschlüsselung abstrakter Ideen) auf die Glaubenswirklichkeit bedeuten kann. Zum Dritten existiert der moralische Schriftsinn, der dem Gläubigen eine Handlungsanweisung für moralisch gute Taten an die Hand gibt und der letzte Sinn ist der anagogische (gr. ἀναγωγή „Hinaufführung“), der dem glaubenden Menschen Hoffnung spendet.
Merken lässt sich dies mit einem lateinischen Zweizeiler im Hexameter:
Littera gesta docet, quid credas, allegoria,
moralis, quid agas, quo tendas, anagogia.
Der Buchstabe lehrt die Taten, was Du glauben sollst, die Allegorie,
die Moral, was Du tun sollst, wohin Du streben sollst, die Anagogie.
Übrigens: Erst mit Martin Luther kam diese Art der Schriftauslegung außer Mode …