Latein
QUID AD ME? – WOZU LATEIN?
Man ist Europäer, wenn man civis Romanus geworden ist.
(Ernst Robert Curtius, Professor für Romanistik)
Um eines gleich vorwegzuschicken: Lateinunterricht hat andere Ziele als der Unterricht in den modernen Fremdsprachen.
Sprachen lassen sich in Kommunikationssprachen (bspw. Englisch, Französisch, Spanisch) und Reflexionssprachen (bspw. Latein) einteilen. Während Kommunikationssprachen der Verständigung dienen, dienen Reflexionssprachen dem Verständnis.
Mit anderen Worten: Eine Kommunikationssprache wird normalerweise mit dem Ziel gelernt, sich (im Idealfall) mit Sprechern dieser Sprache über Alltagsthemen austauschen oder Informationen aus Gebrauchstexten (bspw. einer Bedienungsanleitung) herausfiltern zu können. Durch Kommunikationssprachen wird demnach interkultureller Austausch ermöglicht.1
Im Unterricht von Reflexionssprachen lernt man, das System von Sprache zu verstehen, also was sich hinter Sprache an sich, was sich hinter Texten verbirgt. Sprachverständnis ist Voraussetzung für Gedankenverständnis. Erst wenn ich ein differenziertes Gespür dafür entwickelt habe, was mir jemand mitteilen möchte, kann ich den Gedanken verstehen, der dahintersteht! Und dabei ist es egal, ob diese Mitteilung schriftlich oder mündlich erfolgt. Kurzum: Im Lateinunterricht lernt man nicht Lateinisch zu sprechen, im Lateinunterricht lernt man die Welt zu verstehen! Durch das uns nächste Fremde (Uvo Hölscher, Professor für Klassische Philologie) der Antike wird dem Lateinschüler vor Augen geführt, wie er sich in seiner modernen Welt orientieren kann, denn vieles von dem, was uns heute bewegt, hat auch schon die Menschen in der Antike beschäftigt. Man denke etwa an zentrale philosophische Fragen wie „Was ist der Mensch?“ oder „Wann bin ich gut?“
Doch nicht nur das, Latein hat noch mehr zu bieten: Lateinkenntnisse fördern in spezifischer Weise die fremd- und muttersprachliche Kompetenz. Die passive Sprachkompetenz in Englisch und den romanischen Sprachen (am PKG Französisch und Spanisch) wird durch solide Lateinkenntnisse erhöht – so hat bspw. Englisch über 50% seines Wortschatzes aus dem Lateinischen übernommen. Dadurch ist man als guter Lateiner fähig, sich diese Sprachen schneller anzueignen und man entwickelt auch ein tieferes Verständnis für ihre Strukturen. Auch was der Deutschunterricht nicht leisten kann, weil den Schülern in der Regel die Distanz zur Muttersprache fehlt, gelingt dem Lateinunterricht: Am Modell der lateinischen Grammatik erkennen die Schüler, wie die deutsche funktioniert. So ist jede Lateinstunde zugleich auch eine Deutschstunde. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Schulen mit Latein als erster Fremdsprache im jährlichen Deutschtest am Gymnasium in Bayern um ein Vielfaches besser abschneiden als andere. Über 30 L1 Schulen sind unter den 50 besten, obwohl sie nur einen Anteil von ca. 15% aller Gymnasien haben!
Das Denken und genaue Hinsehen wird durch die im Lateinunterricht typische Arbeitsform des Übersetzens stärker trainiert als bei einem auf Kommunikation und Sprachproduktion ausgerichteten Sprachunterricht.
Im Lateinunterricht setzen sich die Schüler mit Grundtexten der europäischen Kultur auseinander, sie entwickeln also ein Bewusstsein für ihre Herkunft und erhalten einen Einblick in die Kontinuität Europas, was in den heutigen, bewegten Zeiten mehr als nottut.
Fazit: Wer Latein lernt, entwickelt ein anderes Verhältnis zum Leben. Latein erweitert den kulturellen Austausch von Kommunikationssprachen um eine historische Komponente und wer nicht weiß, woher er kommt, wird nie wissen, wer er ist!
1 Quelle: https://www.altphilologenverband.de/index.php/latein-25/latein-schule [zuletzt gesehen am 22.09.22]
Sag mir quando, sag mir wann …
Latein zu lernen ist am PKG nur als zweite Fremdsprache ab der 6. Klasse möglich. Wer sich für dafür entscheidet, der hat die maximale Möglichkeit, alle vier an unserem Gymnasium angebotenen Sprachen zu erlernen: Englisch, Latein, Französisch und Spanisch. Er hat zudem auch die Wahl zwischen allen am PKG angebotenen Zweigen (naturwissenschaftlich-technologischer, wirtschaftswissenschaftlicher und sprachlicher Zweig).
Und nicht zuletzt: Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Schüler, die sich für sehr viele Sprachen entschieden haben, überdurchschnittlich häufig unter den besten Absolventen ihres Jahrgangs zu finden waren …
Stundentafel für den Lateinunterricht (ohne Intensivierungsstunden):
Klasse | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 |
Stunden | 4 | 4 | 4 | 3 | 3 | 3 |
Wer noch mehr Antworten sucht, dem sei folgendes schmale und schnell zu lesende Bändchen ans Herz gelegt:
Friedrich Maier: „Warum Latein? Zehn gute Gründe.“ Reclam, Stuttgart.
Robert Reisacher